Zur Geologie und Geomorphologie des Burgenlandes

Von Josef Fally (überarbeitet und ergänzt von Peter Englmaier und Manfred A. Fischer)

Die Geologie ist ein Wissenschaftszweig, der den Bau und die Entstehung der Erde anhand des zugänglichen Gesteinsbestandes beschreibt, die Geomorphologie (= Landformenkunde) hingegen untersucht die Formen und formbildenden Prozesse der Erdoberfläche – es geht dabei also um die geologischen Voraussetzungen am jeweiligen Standort, an dem Pflanzen wachsen. Allerdings müssen in der Regel aus Gesteinen erst Böden entstehen und Höhenstufen sowie klimatische Einflüsse spielen ebenso eine große Rolle, will man die Gesamtheit der Bedingungen erfassen, die für das Gedeihen von Pflanzen relevant sind. Darüber soll in eigenen Kapiteln berichtet werden.

Alpenland Burgenland

Unser Planet ist etwa 4,6 Milliarden Jahre alt. Was wir als festes Land bezeichnen, ist dauernd in Bewegung – sehr langsam natürlich. Die Kontinente driften wie Platten auf einem zähflüssigen Untergrund hin und her. Vor 250 Millionen Jahren (mya = million years ago) sah unsere Erde noch nicht so aus wie heute, damals war die gesamte Landmasse in einem riesigen Superkontinent namnes „Pangäa“ vereint. Dann, vor rund 200 Mio Jahren zerbrach dieser Komplex und die einzelnen Teile wichen auseinander. Zwischen einem großen Nord- („Laurasia“ – aus ihm sind später Eurasien und Nordamerika entstanden) und einem Süd-Brocken („Gondwana-Land“ – ist später in Indien, Afrika und Südamerika, Australien und die Antarktis zerfallen) erstreckte sich nun für viele Millionen Jahre ein großteils seichtes Meer, „die Tethys“. Dieses war durch Schwellen in mehrere „Tröge“ gegliedert, in denen nun durch Korallenriffe, Kalkalgen Muscheln, und Schnecken Ablagerungen gebildetet wurden. Aus diesen sowie aus vulkanischem Material (Lava am Meeresgrund) wurden unterscheidliche Gesteins-„Pakete“ gebildet. Diese Schichten wuchsen und wurden immer schwerer, der Meresboden sank dadurch immer tiefer ab, der Druck verwandelte den Kalkschlamm zu Kalkstein, manchmal auch zu Dolomit (wenn das Wasser Magnesium enthielt). Brachten Flüsse Sand, Schotter und Schlamm vom Festland hinzu, verfestigte sich das Ganze zu Konglomeraten, Sandstein, Mergel und Schieferton. Im Durchschnitt waren diese Schichten 2000 m dick. Aus all diesen Gesteinen sollte später Berge geformt werden – unsere Alpen.

Die Namen der oben erwähnten Tröge finden sich heute als Haupteinheiten der Alpen wieder, von Süden nach Norden sind dies: Südalpin, Oberostalpin, Mittelostalpin, Unterostalpin, Penninikum und Helvetikum (siehe Abb. xy). Das Auseinanderweichen von Laurasia und Godwanaland drehte sich von 100 Mio Jahren um: Nun drängte „Ur-Afrika“ allmählich gegen „Ur-Europa“. Vor 30 Mio Jahren wurde es so eng, dass die Afrikanische Platte teilweise unter die Eurasische rutschte, in den Erdmantel abtauchte und aufschmolz. Als Magma stieg es wieder nach oben, erkaltete aber meist noch unter der Erdoberfläche. Magmatische Gesteine wie Granit bauen daher zum Teil die  Zentralalpen auf (andere Anteile stammen aus der Zeit der Variszischen Gebirgsbildung). Die Nördlichen und Südlichen Kalkalpen hingegen bestehen aus Ablagerungsgestein am einstigen Meeresgrund –Kalkstein eben.

Wie die einzelnen Schichten übereinander geschoben wurden, kann man anhand der Zeichnung xy erkennen: Und wenn danach die Erosion einsetzt, kann manchmal eine tiefer liegende Gesteinsschicht durch eine darüber lagernde (weil teilweise wegerodiert) „hindurchgucken“ – wie ein Zehe durch einen zerschlissenen Socken. Doch der Reihe nach.

Die einzelnen Meeres-Tröge wurden jedenfalls gestaucht,  in die Höhe gedrückt und in Falten gelegt – die Alpen (ein Faltengebirge) entstanden, und sie wachsen auch heute noch in die Höhe (die Verwitterung trägt sie allmählich wieder ab). Der südliche Teil der Tethys ist derzeit  noch vorhanden: das Mittelmeer. Der nördliche Teil wurde eingeengt und später mit Sedimenten aufgefüllt, heute erstreckt sich dort das Alpenvorland.

Warum all das in der „Flora des Burgenlandes“ erzählt wird? Weil das Burgenland auch Anteil an den Alpen und ihren Haupteinheiten (den ehemaligen Tethys-Meeres-Trögen) hat. Von Nizza in Frankreich beginnend, über die Schweiz, Liechtenstein, Italien, Slowenien, Deutschland und Österreich reicht der 1200 km lange Alpenbogen, im Burgenland klingt er aus bzw. taucht unter die Erdoberfläche ein. Alle ehemaligen Sedimentationsräume der Tethys findet man allerdings nicht im Burgenland, Das Südalpin (siehe Abb. xy) etwa zeigt sich erst in Slowenien. Das nördlich davon gelegene Ostalpin ist in drei „Decken“ zerrissen worden: Das Oberostalpin schob sich im Zuge der Auffaltung der Alpen über das Mittelostalpin, dieses war wiederum über das Unterostalpin geschoben worden.  Das Unterostalpin hingegen hatte das noch weiter nördlich liegende Penninikum überfahren. Ganz im Norden war schließlich der helvetische Ablagerungsraum zu liegen gekommen – am Rande des geologisch alten Europa. Und als einer der letzten Schritte überfuhr die Oberostalpine Decke alle nördlich von ihr gelegenen Einheiten – heute bildet sie das Band der Nördlichen Kalkalpen. Davor liegen nur mehr die Flyschzone und die spärlichen Reste des Helvetikums. Im Burgenland sind die Nördlichen Kalkalpen nicht vorhanden, sie ziehen an der Linie Wiener Neustadt – Bruck an der Leitha an uns vorbei (am Grund des Wiener Beckens). Einige Teil der Unterlage des Oberostalpins blieben jedoch im Süden liegen. Es handelt sich um die östliche Fortsetzung des Grazer Paläozoikums (aus 400 Mio Jahre alten variszischen Schiefern, Kalken und Dolomiten). Als kleine oberflächliche „Inseln“ kann man sie zwischen Güssing und Kukmirn finden, in Hannersdorf (wo Dolomit abgebaut wird) sowie ganz im Süden bei Kalch.

Die Zentralalpen im Burgenland

Von größter Bedeutung für das Burgenland sind hingegen die Zentralalpen. Diese bestehen aus dem Mittel- und Unterostalpin (gemeinsam nennt man sie Zentralalpin) sowie dem Penninikum (tiefste tektonische Einheit der Ostalpen). Das Oberostalpin, das über die Zentralapen hinweggeschoben wurde, übte auf sie hohen Druck aus, deformierte sie und setzte sie unter hohe Temperaturen. Dadurch wurden die Gesteine umgewandelt – man spricht von Metamorphose. Dieser Umstand hat lange Zeit verschleiert, dass die Gesteine der Zentralalpen ebenso dem Tethysmeer entstammen wie die Nördlichen Kalkalpen. Die generellle Bezeichnung „Urgestein“ für Kristallingestein ist daher irreführend. Die zentralalpinen Sedimente des Tethysozeans findet man im Burgenland kaum mehr – sie wurden durch Erosion abgetragen. Aber ihre variszische Unterlage (Gneise und kristalline Schiefer aus einem Gebirgsbildungsprozess lange vor der Alpenentstehung) sind noch da: Die ältesten Gesteine des Burgenlandes (metamorphe, silikatische Kristallingesteine) sind also die Granitgneise und die Glimmerschiefer sowie die Sedimentgneise von Rosaliengebirge, Landseer Gebirge, Kern des Leithagbebirges, des Ruster Hügellandes und des Ödenburger Gebirges. Auch im Bernsteiner und Günser Gebirge und auf dem Eisenberg herrschen Silikatgesteine vor, die aber als geologisch jüngeres tektonisches Fenster (siehe unten) zutage treten. Diese Silikatgesteine stammen überwiegend aus dem Paläozoikum(= geologisches Erdaltertum) und sind somit mehr als 230 Mio. Jahre alt. Im Burgenland sind sie oberflächlich insgesamt eher selten anzutreffen, was daher kommt, dass sie im Lauf von Jahrmillionen von anderen Gesteinsschichten überlagert worden sind (z. B. von „Leithakalk“).

Im Abschnitt nördlich des Ostalpins, dem Penninikum, war das Auseinanderbrechen  von Pangäa am stärksten zu spüren: Die kontinentale Kruste riss vor etwa 200 Mio Jahren auseinander und ein Ozean füllt das neu entastandene Becken. In der Folge stieg Lava aus dem Erdmantel empor und schuf neuen Ozeanboden. Dieser lag zu tief und es war dort zu finster, um Korallen das Wachsen zu ermöglichen, und daher lagerte sich auf dem basaltischen Grund nur mehr oder weniger kalkig-tonuger Schlamm ab. Als dann im Zuge der Auffaltung der Alpen das Ostalpin über diese Schichten fuhr, drückte es den Großteil  der ozeanischen Kruste in den Erdmantel hinab (sie wurde also subduziert), einige Teile jedoch blieben – eingequetscgt zwischen europäischer und afrikanischer Platte – erhalten. Und der hohe Druck und die hohe Temperatur (aufgrund der Überchiebung durch das Ostalpin) ließ diese eingerquetschten penninischen Gesteine umkristallisieren: Kalkschlamm wurde zu Kalkphyllit, Basalt zu Grünschiefer, tiefere Bereiche der ozeanischen Kruste zu Serpentinit. Die ozeanische Vergesellschaftung von Grünschiefern und Serpentiniten wird als Ophiolith bezeicnet.

All diese Gesteine werden uns später im Boden-Kapitel noch einmal begegnen.

Die Penninischen Fenster

Die Regionen um Möltern (südlich von Kirchschlag), Rechnitz und Eisenberg haben etwas gemeinsam mit dem höchsten Berg Österreichs, dem Großglockner (3784 m): Es kommen dort penninische Gesteine an die Oberfläche – obwohl doch nicht weniger als drei andere Decken (Unter-, Mittel- und Oberostalpin; in der oberen Grafik als Ostalpin zusammengefasst) über sie geschoben worden waren! Erinnern wir uns wieder an das Beispiel vom zerschlissenen Socken, aus dem die Zehe herausschaut. Die Erklärung des – unter Geologen „berühmten – „tektonischen Fensters“ ist einfach: Die Erosion hat das Ostalpin im Lauf der Millionen Jahre stellenweise eben wieder abgetragen. Es gibt also bei Bernstein, am Geschriebenstein, im Günser Gebirge und am Eisenberg zwar keine so hohen Berge wie in den Hohen Tauern, aber die gleichen Gesteine inklusive der Penninischen Fenster.

Die Gebiete um Bernstein  und Kohfidisch-Badersdorf und ihre Serpentinit-Vorkommen sind also ehemaliger Ozeanboden. Serpentinit wird als Straßenschotter verwendet, aus grün-blau-schwarzem Edelserpentin (Halbedelstein) erzeugt man in Bernstein allerlei Schmuckstücke. Bei diesen magmatischen Tiefengesteinen handelt es sich um magnesiumreiche Silikatgesteine, die für die Pflanzenwelt entscheidend wichtig sind (aber nicht mit dem Mineral namens Serpentin verwechselt werden dürfen).

Nach der Alpenentstehung

Noch vor 15 Mio Jahren gingen die Alpen nahtlos in die Karpaten über, die heute in der Slowakei beginnen, über Polen und die Ukraine nach Rumänien ziehen und dabei das große Karpatenbecken (= Pannonisches Becken oder Pannonische Tiefebene) umrahmen. Weil sich dieses Becken damals nach Osten verschob, riss nicht nur die Verbindung zwischen Alpen und Karpaten ab, auch weite Teile Ungarns und Ostösterreichs sanken ab und lagen nun unter dem Meeresspiegel. Das eindringende Wasser schuf ein eurasisches Randmeer, die Paratethys. Dieses umspülte die höheren Randzonen der Zentralalpen, das Leithagebirge und den Ruster Höhenzug. Rotalgen- und Korallenriffe ummantelten alsbald das kristalline Gestein und überzogen es mit Kalk – in Kaisersteinbruch, in St. Margarethen und in Fertörakos (in Ungarn) existieren Steinbrüche noch heute. Im Südburgenland passierte das nicht, denn die Zentralaplen lagen dort zu tief.

Das Pannonische Becken ist in Teilbecken und dazwischen liegende Schwellen (z. B. Südburgenländische Schwelle) gegliedert. In diese Teilbecken lagerten sich im Tertiär und Quartär oftmals kilometerdicke Schichten ab. Denn mit der Hebung der Alpen in den Himmel begann gleichzeitig auch deren Benagung durch den Zahn der Zeit (Frost, Eis, Schnee, Regen, Wind) – Gebirge entstehen und werden wieder abgetragen. Auch die unser Land umrahmenden Gesteinsmassive zerbröckelten nach und nach, Flüsse und Starkregen transportierten dieses Material immer weiter ins Flachland hinaus (Sande, Schotter, Kiese, Lehme), weswegen die Flüsse und Bäche meist nach (Süd-)Osten zu das Land entwässern Im Burgenland enden also die Alpen und es beginnt gegen Osten zu pannonisch getöntes Flachland. Ein Blick vom Leithagebirge oder vom Pauliberg nach Osten macht dies deutlich.

Vulkanismus im Burgenland

Wenn sich Gebiete senken und daneben andere stehen bleiben, entstehen an diesen Grenzen Bruchlinien, die oft tief in die Lithosphäre hinabreichen. Entlang dieser Spalten und „Schlote“ kann nun fallweise glutflüssiges Magma oder Thermalwasser aufsteigen.

Die Basalte der Vulkane im Burgenland stammen aus dem Tertiär., genauer: aus zwei verschiedenen Perioden. Die basaltischen Gesteine im Mittel-Burgenland sind ca. 11 Mio. Jahre alt (Sarmat bis Unter-Pannon), jene im Süd-Burgenland sind noch jünger, nämlich nur knapp 4 Mio. Jahre alt (Pliozän). Der wichtigste burgenländischen Vulkan ist der Pauliberg (761 msm) im Landseer Gebirge, andere Vulkanitvorkommen liegen bei Stoob und Oberpullendorf. Die bekanntesten südburgenländischen Vulkane sind der Güssinger Burgberg und der Tobajer Kogel, weiters der Hofweinriegel bei Limbach im Burgenland (südwestlich von Kukmirn); ferner gibt es Vulkanitvorkommen bei Jennersdorf und vor allem bei Neuhaus am Klausenbach.

Und das angenehm warme Tiefenwasser kann man in den Thermen von Frauenkirchen, Lutzmannsburg, Bad.Tatzmannsdorf, Stegersbach und Loipersdorf genießen.

Jüngste Ausformungen der Landschaft

Die vier jüngsten Eiszeiten (im Pleistozän) der letzten zwei Jahrmillionen haben sich in unserem Gebiet zwar nicht so „weltbewegend“ ausgewirkt wie in den Alpen, dennoch drückten die starken Klimaschwankungen der Landschaft ihren Stempel auf.

Ab dem Beginn des Quartärs waren die Alpen mehrmals großteils vergletschert. Es gab mindestens sieben „Vorstoß-Eiszeiten“ (Günz, Mindel, Riss, Würm sind die bekanntesten) und dazwischen wärmere „Zwischeneiszeiten“. Ins Burgenland reichten die riesigen Eispanzer der Alpengletscher nicht, sie konnten daher den Untergrund nicht „bearbeiten“ (pressen, hobeln, schleifen). Dennoch prägen die Ablagerungen aus der Eiszeit als jüngste und oberste Schichten auch unser Gebiet. Gröberen bis feinsten „Schutt“, den die Gletscher hinterließen, haben uns Flüsse und Wind gebracht und abgelagert. Flüsse transportierten Ton (Teilchengröße kleiner als 0,002 mm), Lehm (Gemenge von Ton, Schluff und Sand), Schluff (0,002 bis 0,6 mm) und Sand (0,6 bis 2,0 mm), Wind hingegen das Ausgangsmaterial für Löss (feinste, staubförmige Teilchen). Als in den Zwischeneiszeiten dieser Materialnachschub aus den Alpen abnahm, hatten manche Flüsse Zeit, sich in die von ihnen selbst zuvor aufgeschütteten Schotterkörper einzuschneiden – als meterhohe Terrassen sind sie im Südburgenland erhalten geblieben. Und weil sich diese Prozesse mit jeder Eiszeit-Epoche  wiederholten, kann man heute sogar ganze Terrassen-Treppen etwa an den Hängen der Strem, der Lafnitz und der Raab erkennen.

Wenn der Wind feinstes Material aus den Alpen und deren Randgebieten hinauswehte und als Löss ablagerte, waren die Voraussetzungen günstig für beste bis gute Böden, die sich daraus entwickelten: Tschernoseme im Nordburgenland, Pseudogleye weiter im Süden.

Allerjüngste Ablagerungen stammen aus der „Nacheiszeit“. Es handelt sich um fluviatile Ablagerungen in den Talauen, meist Sande und Schotter (abgebaut und wirtschaftlich genutzt etwa in Königsdorf im Lafnitztal).

Gegen Ende dieses Zeitraums trat auch der Mensch auf, der allerdings zunächst noch nicht immens landschaftsverändernd wirkte (Altsteinzeit = Paläolithicum). In der Periode der jüngsten Eiszeit (= Würm: vor 70 000 Jahren beginnend und vor etwa 10 000 Jahren endend) brachten Flüsse wieder massenweise Schotter aus den Alpen. Gegen Ende dieser Kaltzeit entstand (vor rund 12 000 Jahren) infolge einer tektonischen Einsenkung der Neusiedler See.

Die geologische Jetztzeit (Holozän) begann vor rund 10 000 Jahren und dauert natürlich noch immer an. In diesem jüngsten Abschnitt der Erdgeschichte entstanden die heutigen Täler, viele Seen und Moore, reichlich Ablagerungen der Flüsse in den Talsohlen. Im Holozän fand auch die so genannte jungsteinzeitliche (neolithische) Revolution statt: Der Mensch wurde sesshaft (er begann, nachhaltig in die Gestaltung der Landschaft einzugreifen). Auch die heute vorhandenen Böden entwickelten sich größtenteils erst ab dieser Zeit.

Vom Gestein zum Boden

Unter den Böden, die wir beackern, auf denen seltene Pflanzenarten wachsen oder in die wir die Keller unserer Häuser graben, liegen also unterschiedliche Gesteinsschichten. Je tiefer man hinunterbohrt, desto älter sind diese Schichten in der Regel, jüngere liegen zumeist obenauf. Geologen bemühen sich, Herkunft, Zusammensetzung und Alter dieser Gesteine herauszufinden. Denn über ihnen bzw. aus den obersten Bereichen haben sich die Böden entwickelt. Durch mechanische, chemische und biologische Verwitterung sind im Lauf von Jahrtausenden unsere Schotter-, Sand-, Lehm- oder Lössböden entstanden, auf denen sich jeweils bestimmte ursprüngliche Pflanzengesellschaften entwickelten und auf denen wir heute unsere pflanzlichen Urprodukte erzeugen: Getreide, Soja, Raps, Kartoffeln, Zuckerrüben, Weintrauben etc.

Jedenfalls sind diese Böden sind für die Flora maßgebender als irgendwelche diskordant liegende Schichten tief im Untergrund – sie werden daher im Anschluss in einem eigenen Kapitel behandelt.

Für „gestandene“ Geologen

In der Sprache der Wissenschaftler klingt ein Beitrag über die Geologie des Burgenlandes für interessierte Laien oftmals schwer verständlich. Im Folgenden ein kleiner Auszug aus einem diesbezüglichen Artikel (und der wurde auch schon ein wenig „entschärft“).. Können Sie, liebe Leserinnen und Leser,  nach der Lektüre des Textes bisher, verstehen, was gemeint ist?

Das Burgenland hat trotz seiner geringen Größe Anteil an allen großen Baueinheiten der Ostalpen und deren Randlagen:

  • an den holozänen Ablagerungen in den Flusstälern am Ostalpenrand und im Neusiedler-See-Gebiet;
  • an den pleistozänen Lössablagerungen und Flussterrassen der Donau;
  • an den jungtertiären (neogenen) Beckenlandschaften am Ostalpenrand (Oststeirisch-Westpannonisches Becken, Wiener und Eisenstädter Becken) sowie deren sedimentären Rahmen (repräsentiert vor allem durch den Leithakalk);
  • an der penninischen Einheit (Produkt der alpidischen Gebirgsbildung), die in tektonischen Fenstern um Rechnitz zum Vorschein kommt,
  • an den sie überlagernden ostalpinen Decken, deren Basis („Altkristallin“) jeweils die Reste älterer Gebirgsbildungen sind und deren gegenwärtige Position als Fernschubeinheiten auf  einer frühere, regionale Gebirgsbildungsphase (kreidezeitliches „eoalpidisches Ereignis“) zurückgeht.

 

Diese ostalpinen Einheiten, die wiederum aus mehreren individuellen Decken bestehen, sind:

  • das unterostalpine Deckenstockwerk (kristalliner Sockel und stellenweise erhaltene auflagernde Sedimentserien bis in die Mitteltrias), im Burgenland präsent mit der Semmering- und der Wechseleinheit sowie randlich den Hainburger Bergen als Bindeglied zu den Karpaten;
  • das oberostalpine Deckenstockwerk, das wiederum zwei Einheiten umfasst, das im Burgenland flächig präsente „Mittelostalpin“ (mit einem Altkristallinsockel und stellenweise erhaltenen auflagernden Sedimentserien aus der Trias) und das weitgehend fehlende „eigentliche Oberostalpin“ (gemeinhin, aber nicht nur die „Nördlichen Kalkalpen“ umfassend, ohne Altkristallinanteil, mit fossilführendem Paläozoikum als Basis und großflächiger mesozoischer Sedimentbedeckung) – nur kleinräumige Anteile des oberflächlich aufgeschlossenen „Grazer Paläozoikums“ in der Umrahmung des Eisenberger Fensters gehören hierher.

 

Gebirgsbildungen sind die wesentlichen Ereignisse, die zum komplexen Gefüge dieser Einheiten, geführt haben. Sie gehen von der Kollision von Lithosphärenplatten aus, deren spezifisch schwerere (ozeanische) Krustenanteile größtenteils  in den Erdmantel rückgeführt, deren spezifisch leichtere (kontinentale) Krustenanteile hingegen in Decken übereinander gestapelt werden können. In diesen Prozess werden in der Regel klastische und biogene Sedimentserien eines Meeresbeckens und dessen Schelfbereiche, mitunter aber auch Teile des basaltischen Ozeanbodens einbezogen. Bei diesem Vorgang werden Gesteinsserien hohem Druck und hoher Temperatur ausgesetzt, wobei sie zwar nicht aufschmelzen, aber in ihrem Mineralbestand und teilweise in ihrer chemischen Zusammensetzung verändert werden können. Man spricht von Metamorphose. Zum Höhepunkt eines Gebirgsbildungsereignisses können Druck und Temperatur sogar zum Aufschmelzen kontinentaler Krustenanteile ausreichen, es bilden sich dann Stöcke magmatischer Tiefengesteine silikatreicher Zusammensetzung (meist Granite). Alle diese Gesteinsserien  kommen im Zug der folgenden Erosionsphase der Gebirgskörper nach langen Zeiträumen auch an die Oberfläche.

Nachfolgende Gebirgsbildungen beziehen Gesteinsserien vorangegangener Gebirgsbildungen mit ein. Meist handelt es sich hier um den metamorphen Sockel der Schelfbereiche. Deren Gesteinsbestand wird dabei oft einer nochmaligen Metamorphose unterzogen. Solche Gesteine bezeichnet man dann als polymetamorph. Ist das nachfolgende Metamorphoseereignis schwächer als frühere ausgeprägt, so kommt es zu einer rückschreitenden (retrograden) Metamorphose.

Im alpinen Raum und damit auch im Burgenland sind folgende Gebirgsbildungsphasen maßgeblich und haben ihre Spuren in der Metamorphosegeschichte hinterlassen:

  • Das alpidische Ereignis (im Paläogen/Alttertiär);
  • das regional auf den Ostalpenraum beschränkte „eoalpidische Ereignis“ (Oberkreide);
  • das variszische Ereignis im Karbon, dem die meisten in den Alpenkörper eingebauten Gneismassive entstammen, im Burgenland z. B. der Wechselgneis.

 

Metamorphe Gesteinsserien in den „Altkristallinsockeln ostalpiner Deckeneinheiten stammen möglicherweise aus noch älteren Gebirgsbildungsphasen.

Metamorphoseerscheinungen bei hoher Temperatur und niedrigem Druck kommen auch beim Öffnen von Ozeanbecken vor (sog. „ozeanische Metamorphose“). Hiefür ist aus dem Erdmantel stammendes, silikatärmeres Magma verantwortlich, das als Basalt an die Oberfläche dringt und als Gabbro die tieferen Stockwerke ozeanischer Kruste bildet. Im Rechnitzer Fenster lassen sich gute Beispiele finden, aber dieser Metamorphosetyp hat auch bei der Öffnung von Ozeanbecken im Perm in älteren Gesteinen Spuren hinterlassen.

Als Folge der verschiedenen Gebirgsbildungsereignisse sind es weder die ältesten noch die während der Gebirgsbildungsphasen durch Metamorphose am intensivsten veränderten Gesteine, die heute die tektonisch tiefste Position einnehmen:

Zu den ältesten Gesteinen des Burgenlandes zählen die vorvariszisch gebildeten „altkristallinen“ Schiefer an der Basis der unter- und mittelostalpinen Decken. Sie bilden auch die Hüllserie des Wechselgneises und die nur fragmentarisch erhaltenen Hüllen der Grobgneisstöcke. Sie zeigen eine variszische Metamorphose und damit ein mindestens altpaläozoisches Bildungsalter. Auch der Wechselgneis weist bereits eine frühvariszische metamorphe Überprägung auf (Schuster & al 2001). Alle diese Gesteine wurden auch von alpidischer Metamorphose erfasst und sind somit polymetamorph.

Fossilbelegt ist das Altpaläozoikum (Mitteldevon) im Burgenland in der Umgebung des Eisenberger Fensters, in oberflächlich aufgeschlossenem Grazer Paläozoikum bei Hannersdorf.

Jüngeren, spätvariszischen Alters ist der Grobgneis, der zur Semmeringeinheit gezählt wird, er besteht aus zahlreichen herausgewitterten und das Landschaftsbild („Bucklige Welt“) prägenden Gesteinskörpern. Verbreitet sind das grobkristalline, untergeordnet feinkörnige Orthogneiskörper granitischer Zusammensetzung, daneben auch Gabbro- und Amphibolitstöcke sowie saure Metavulkanite permischen Alters, die infolge intensivem permischen Magmatismus Spuren einer frühen ozeanischen Metamorphose aufweisen können. Deren druckbetonte regionalmetamorphe Überprägung datiert allerdings erst in die Oberkreide (eoalpidisches Ereignis).

In der mittelostalpinen Sieggrabener Einheit finden sich neben Spuren variszischer Regionalmetamorphose eoalpidisch hoch druckbeanspruchte Gesteine bis zur Eklogitfazies. Sie repräsentieren die während dieses Gebirgsbildungsereignisses am tiefsten versenkten Gesteinsserien am Südrand des mittelostalpinen Deckenstockwerks.

Die tektonisch tiefsten, penninischen Einheiten sind hingegen weit jünger und datieren überwiegend erst in die Jura, wozu Schönlaub (1973) einen paläontologischen Nachweis erbracht hat. Ihre Überprägung ist teils eine unterkretazische ozeanische Metamorphose, teils eine alpidische Regionalmetamorphose (die bekannte Fazies der „Bündnerschiefer“).

Im Artikel zitierte bzw. zur Vertiefung der Thematik empfohlene Literatur:

Cžjček J. B., 1854:Das Rosaliengebirge und der Wechsel in Niederösterreich. Jahrb. d. Geol. Reichsanstalt 1854, p. 465.

Faupl P., 1972: Zur Geologie und Petrographie des südlichen Wechselgebietes. Mitt. Geol. Ges. Wien 63: 22—48.

Flügel H., 1960: Die tektonische Stellung des „Alt-Kristallins" östlich der Hohen Tauern. – Stuttgart 1960, N. Jb. Geol. Paläont. MH 1960: 202-220.

Haditsch J. G., 1996: Einführung in die Geologie des Güssinger Raumes. – In Wolkinger F. & Breitegger E. (Eds.): Naturführer Südburgenland. Vom Günser Gebirge bis zum Neuhauser Hügelland. – Veröff. Intern. Clusius-Forschungsges. Güssing 8: 19–43. – Güssing: Intern. Clusius-Forschungsgesellschaft.

Hauer F. von, 1857: Bericht über die Ergebnisse einer Bereisung der Bergbaue und Schürfpunkte auf Steinkohle und Eisenstein auf den fürstl. Esterházy’schen Besitzungen im Oedenburger Comitat in Ungarn. Manuskript, k.k. geol. Reichsanstalt, Prot. 869/1857, 24 pp.

Kober L., 1923: Das östliche Tauernfenster. Denkschr. ÖAW math.-nat. Kl. 98: 201-242.

Koó A. J., 1995: Pflegekonzept für die Naturschutzgebiete des Burgenlandes. – BFB-Bericht 82: 1–203. [Vgl. dazu Weiss & al. 2013.] [pdf]

Krachler R., Krachler R. & Wesner W., 2000: Limnochemische Untersuchungen zur aktuellen Situation der Salzlacken im Burgenländischen Seewinkel. Bgl. Heimatbl. 62: 3-49.

Kümel, F., 1935: Die Sieggrabener Deckscholle im Rosaliengebirge (N.Ö. und Bgld.). – Min. Pet. Mitt. 47 1935 141-184 47, 141–184, Leipzig 1935.

Kuhn C. in Fally J., 2002: Südburgenland –zwischen Wellness und Idylle. – Deutschkreutz: Eigenverlag Mag. Dr. Josef Fally. 168 pp.

 

Mikuz T., 2012: Die Geologie des Burgenlandes. – In: Michalek K., Lazowski W. & Zechmeister Th. (Red.), Burgenländische Feuchtgebiete und ihre Bedeutung im Naturschutz. – 181 pp.; Ringheftung. – Eisenstadt: Naturschutzbund Burgenland. – ISBN: 978-3-902632-21-0. [pdf]

Mohr H., 1913: Versuch einer tektonischen Auflösung des Nordostspornes der Zentralalpen. Denkschr. k. Akad. Wiss. math.-nat. Kl. 88: 633-652, 1 Karte.

Pascher G. A., 199): Geologische Karte des Burgenlandes 1 : 200 000. – Wien: Geologische Bundesanstalt. [pdf]

 

Reinprecht V., 2019:

Eine kurze Einführung in die Geologie des Burgenlandes. Folien zu einem Vortrag. Online unter www.brunnenmeister.at/images/Vortrag_Geologie_des_ Burgenlandes.pdf (eingesehen am 9. 4. 2022).  

 

Richarz S., 1911: Die Umgebung yon Aspang am Wechsel (Niederösterreich). Jahrb. d. Geol. Reichsanstalt, Wien, Bd. LXI, p. 285.

Schmidt W. J., 1954: Die Schieferinseln am Ostrand der Zentralalpen. Führungen und Fachausflüge 1953. Mitt. Geol. Ges. Wien 47 (erschienen 1956): 360-365, 1 Karte.

Schönlaub H. P., (1973: Schwamm-Spiculae aus dem Rechnitzer Schiefergebirge und ihr stratigraphischer Wert. Jb. Geol. Bundesanstalt 116: 25-49.

Schönlaub H. P., 2000: Burgenland. Erläuterungen zur Geologischen Karte des Burgenlandes 1 : 200000. – Geologie der österreichischen Bundesländer. – Wien: Geologische Bundesanstalt. [pdf]

Schuster, K., Berka, R., Draganits, E., Frank, W. & Schuster, R., 2001: Lithologien, Metamorphosegeschichte und tektonischer Bau der kristallinen Einheiten am Alpenostrand GBA Arbeitstagung Neuberg an der Mürz: 29-56.

Stoliczka F., 1862): Über das eigentümliche Auftreten kristallinischer Schiefergebilde im südwestlichsten Ungarn. Verh. k. k. Geol. Reichsanstalt Wien 12, Jg. 1861/1862: 114.

Tollmann A. (1959: Der Deckenbau der Ostalpen auf Grund der Neuuntersuchung des zentralalpinen Mesozoikums. Mitt. Ges. Geol. Bergbaustud. Wien 10: 3-62.

Tschach M., 2010: Geologie [des Burgenlands]. – In Fally J. (Red.): Naturjuwele im Burgenland. Steppen, Salz- und Streuobstwiesen. – Wiss. Arbeiten Burgenland 133: 34–43. – Eisenstadt: Amt der Burgenländ. Landesregierung, Abt. 7 – Landesmuseum.

Wieseneder H., 1932: Studien über die Metamorphose im Altkristallin des Alpen-Ostrandes. Min. Pet. Mitt. 42: 136-181.

Wieseneder H., 1934: Beiträge zur Kenntnis der ostalpinen Eclogite. Min. Pet. Mitt. 46: 174-211.

Zitiervorschlag:

Fally J. & Fischer M. A., 2015: Geologie. – In: Fischer M. A. & al., Burgenlandflora – Die Pflanzenwelt des Burgenlands Online. – Eisenstadt: Naturschutzbund Burgenland. burgenlandflora.at/geologie/ (aufgerufen am XX.YY.ZZZZ)